Sachverhalt:
Der Ausbau und die Verwendung der Elektromobilitäts-Infrastruktur ist ein essenzieller Bestandteil der Mobilitätswende und ein wichtiger Faktor für die Erreichung der Klimaziele. Während in unseren europäischen Nachbarstaaten Dänemark, Frankreich oder auch den Niederlanden grundsätzlich alle Elektrofahrzeuge an öffentlichen Ladestationen aufgeladen werden dürfen, ist das Laden in Braunschweig ausschließlich PKW mit E-Kennzeichen vorbehalten. In Deutschland verwenden zum Beispiel die Berliner Stadtwerke das Zusatzzeichen 1050-32 (Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs) statt das in Braunschweig übliche Zusatzzeichen 1010-66 (Auto mit Stecker).
In der letzten Sitzung des AMTA am 18.03.2025 antwortete die Verwaltung auf eine mündliche Anfrage, dass eine Beschilderung von Ladestationen mit den Verkehrszeichen 314 (Parken) und 1050-32 (Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs) keine gesetzliche Grundlage habe. Des Weiteren hat die Verwaltung in Einzelfällen die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für Fahrzeuge der Klasse L6e in Aussicht gestellt. Laut einem Artikel der Braunschweiger Zeitung vom 14.03.2025 könne eine derartige Genehmigung gegen eine Gebühr von 150€ für ein Jahr erteilt werden.
Vor diesem Hintergrund bitten wir die Verwaltung um die Beantwortung der folgenden Fragen:
- Wie definiert das Elektromobilitätsgesetz (EmoG) eine rechtliche Grundlage für die bestehende Kombination VZ 314 + VZ 1010-66 + VZ 1053-54, nicht aber für die vorgeschlagene Kombination VZ 314 + VZ 1050-32? Bitte auf genaue Stelle im Gesetz beziehen.
- Wie erklärt sich die Verwaltung, dass die vorgeschlagene Beschilderung in Berlin bereits angewendet wird?
- Wie ergibt sich die – im Vergleich mit einer Umkennzeichnung eines Elektrofahrzeugs (PKW) (Verwaltungsgebühr 30,60 € zzgl. neue Kennzeichen), bzw. mit einem Bewohnerparkausweis (30,70€ p.a.) sehr hohe – Gebühr von 150€ p.a. für eine Ausnahmegenehmigung für Fahrzeuge der Klasse L6e?
Zur Anfrage der Gruppe Die Fraktion.BS vom 29.04.2025 wird wie folgt Stellung genommen:
Grundsätzlich entsteht die dieser Anfrage zugrundeliegende Problematik daraus, dass der Bundesgesetzgeber trotz Hinweisen und Überarbeitungsmöglichkeiten des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG) die Definition von „elektrisch betriebenen Fahrzeugen“ nach EmoG nicht aktualisiert und z. B. die Fahrzeugklasse L6e nicht als elektrisch betriebenes Fahrzeug aufgenommen hat.
Dieses vorangestellt beantwortet die Verwaltung die Anfrage wie folgt:
Zu 1 +2.:
Rechtsgrundlage für die Einschränkung des ruhenden Verkehrs zugunsten elektrisch betriebener Fahrzeuge durch die Verkehrsbehörde ist § 3 Abs. 5 Nummer 3 Elektromobilitätsgesetz (EmoG) in Verbindung mit dem § 6 Abs. 1 Nummer 2 und Abs. 3 Nummer 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG).
Dazu ist mit in Kraft treten der 50. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften (StVRÄndV) nach § 39 Abs. 10 Straßenverkehrsordnung (StVO) das Sinnbild „Auto mit Stecker“ als Inhalt eines Zusatzzeichens eingeführt worden. Nach § 45 Abs. 1g StVO ist dieses als Zusatzzeichen zum VZ 314 im ruhenden Verkehr anzuordnen.
Nur auf Grundlage dieser gesetzlichen Verkettung können Fahrzeuge die nach dem § 11 Zulassungsverordnung (FZV) den Kennbuchstaben „E“ in Verbindung zum § 4 Abs. 1 EmoG zugeteilt bekommen haben, durch die Schilderfolge VZ 314 (Parken) + VZ 1010-66 (Auto mit Stecker) + VZ 1053-54 (während des Ladevorgangs) im ruhenden Verkehr bevorrechtigt werden.
Das VZ 1050-32 ist hingegen nicht in der StVO aufgeführt, sondern lediglich in der VwV-StVO als Anlage Teil 7 – Zusatzzeichen nach § 39 Absatz 3 StVO enthalten mit Bezug zum StVG. Jedoch kann nach dem StVG die Regulierung des ruhenden Verkehrs nur zugunsten von Anwohnenden (§ 6 (1) 15 b.) und schwerbehinderten Personen (§ 6 (1) 15 a.) einschränkt werden. Folglich fehlt für das VZ 1050-32 die gesetzliche Grundlage und es ist durch die Kombination des VZ 314 + VZ 1050-32 keine Einschränkung des ruhenden Verkehrs zu Gunsten einer spezifischen Antriebsform von Fahrzeuge nach StVG möglich.
Daraus folgt, dass bei Anordnung der VZ 314+ VZ 1050-32 im Straßenverkehr kein gesetzlicher Anspruch besteht, dass der Ladeplatz nur von Elektrofahrzeugen oder elektrisch betriebenen Fahrzeugen mit E-Kennzeichen genutzt wird, sondern auch von anderen Verkehrsteilnehmern genutzt werden kann und keine gesetzliche Grundlage besteht die Fremdnutzung zu ahnden.
Die Schilderfolge, die in Braunschweig angewendet wird, ist somit die alleinige gesetzeskonforme Anordnungsmöglichkeit, welche auch zu einer Ahndung bei Verstößen führen kann. Nur damit können die Ladesäulen rechtssicher für Ihren eigentlichen Zweck freigehalten werden.
Zu 3.:
Für Genehmigungen und Amtshandlungen nach StVO erhebt die Verwaltung Gebühren. Rechtsgrundlage hierfür ist die Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr (GebOSt) und der Gebührenkatalog, die für verschiedene Tatbestände einen Gebührenrahmen vorgibt. Die GebOSt ist eine Rechtsverordnung des Bundes, deren Anwendung für die Behörden bindend ist. Die Verwaltung hat jedoch geprüft inwiefern für die Zukunft eine unbürokratische und bürgernahe Lösung möglich ist.
Derzeit stellt sich die Rechtslage so dar, dass die GebOst für die Änderung eines Kennzeichens oder die Erteilung von Bewohnerparkausweisen als spezifische Tatbestände entsprechenden Gebühren vorsieht. Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Parken auf für elektrisch betriebene Fahrzeuge vorgesehenen Plätzen sieht die GebOst jedoch nicht vor.
Daher greift die allgemeine Regelung der GebOst bezüglich der Entscheidung über eine Ausnahme von einer Vorschrift der StVO je Ausnahmetatbestand und je Fahrzeug/Person. Diese sieht einen Gebührenrahmen von 10,20 € bis max. 767,00 € vor.
Als Grundlage für ein einheitliches Verwaltungshandeln dient der verwaltungsinterne Gebührenkatalog für Amtshandlungen und Genehmigungen nach der StVO. Danach sind Ausnahmen von nur einer Verkehrsbeschränkung, wozu auch der vorliegende Fall zählt, für ein Jahr mit 150,00 € beziffert.
Ein spezifischer Tatbestand zur Förderung der E-Mobilität ist im Gebührenkatalog bisher nicht enthalten. Eine Aktualisierung des Gebührenkataloges befindet sich jedoch bereits in Bearbeitung. Da es der Verwaltung auch ein Anliegen ist, die Elektromobilität zu fördern, ist in diesem Zusammenhang geplant, einen entsprechenden Ausnahmetatbestand für Fahrzeuge z. B. der Klasse L6e einzuführen und eine deutlich geringere Gebühr dafür zu veranschlagen.
Daher prüft die Verwaltung auch, ob ein entsprechender Gebührentatbestand vorgezogen eingeführt werden kann.