Ein Appell für den Schutz der Menschenwürde – Intoxikierte Menschen nicht inhaftieren

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Die FRAKTION.BS – DIE LINKE., Volt und Die PARTEI lehnt die Überführung des Projekts „Ausnüchterung intoxikierter Personen im Polizeigewahrsam in den Regelbetrieb“ ab: Ein Appell für den Schutz der Menschenwürde.

Das Projekt, das eine grundlegende Veränderung in der Behandlung von stark alkoholisierten Personen vorsieht, stößt auf grundlegende Bedenken.

Widerspruch zu den Menschenrechten und dem Recht auf persönliche Freiheit

Die Ausnüchterung in Polizeigewahrsam stellt eine Freiheitsberaubung dar, bei der Personen ohne angemessene rechtliche Grundlage festgehalten werden. Dies steht im Widerspruch zu den Menschenrechten und dem Recht auf persönliche Freiheit. Übermäßiger Alkoholkonsum ist entweder eine Krankheit oder höchstens fahrlässiges Handeln zum eigenen Nachteil. Alkoholkonsum ist keine Straftat, daher sollten alkoholisierte Menschen auch nicht so behandelt werden, als hätten sie ein Verbrechen begangen. Bei Gewalttätigkeit war es auch schon vorher möglich, die Polizei hinzuzuziehen.

Ein wesentlicher Punkt unserer Ablehnung basiert auf der Sorge, um die medizinische Versorgung der betroffenen Personen. Im Polizeigewahrsam könnte eine ausreichende medizinische Betreuung nicht gewährleistet sein. Muss die Person erst noch aus der Polzweigewahrsam ins Krankenhaus gebracht werden, verstreicht wertvolle Zeit, die Leben retten könnte.

In der Neujahrsnacht 2023 ereignete sich ein tragischer Vorfall in Braunschweiger Polizeigewahrsam während des laufenden Pilotprojekts, bei dem ein 38-jähriger Mann aus Guinea bewusstlos zusammenbrach und zwei Tage später im Klinikum Braunschweig verstarb. Eine umfassende Untersuchung der Todesumstände des Verstorbenen läuft derzeit noch.

Traumatische Situation für vulnerable Personen

Die Aufwachsituation in einer Polizeizelle kann zudem äußerst traumatisch sein und die bereits vulnerablen Personen weiter belasten. Wir müssen sicherstellen, dass angemessene Unterstützung bei Abhängigkeitsproblemen und Suchtkrankheiten zur Verfügung steht, um den Betroffenen eine faire Chance auf Rehabilitation zu geben.

Des Weiteren möchten wir betonen, dass die Angst vor Verhaftung und finanziellen Belastungen die Wahrscheinlichkeit verringert, dass Menschen ihre Bedürftigkeit nach Hilfe äußern. Indem wir die Zuständigkeit für die Ausnüchterung an die Polizei übertragen, wird die Hemmschwelle für Betroffene, Unterstützung zu suchen, erhöht. Dies steht im direkten Widerspruch zu unserem Ziel, allen Menschen den Zugang zu notwendiger Hilfe zu gewähren.

Überlastung der Polizei

Die Polizei ist bereits mit zahlreichen Aufgaben betraut und darüber hinaus überlastet. Es wäre unverantwortlich, ihr zusätzlich die Aufgabe der Ausnüchterung zu übertragen, für die sie erheblich schlechter qualifiziert ist als Krankenhäuser. Die Polizei sollte in der Lage sein, strafrechtliche Belange zu beurteilen, nicht jedoch den komplexen Bereich der Suchttherapie und -behandlung.

Unsere Fraktion setzt sich dafür ein, Krankenhäuser und Ärztinnen und Ärzte zu entlasten und dennoch die Menschenwürde zu wahren. Wir sind der Überzeugung, dass alternative Lösungen gefunden werden müssen, um die Bürgerinnen und Bürger in solchen Situationen angemessen zu versorgen. Dabei sollten die Bedürfnisse und Rechte der Betroffenen nicht missachtet werden. Schon zur Einführung des Pilotprojektes hat die Linke Braunschweig ein Sicherheitskonzept für das Klinikum Braunschweig gefordert, um die Mitarbeiter:innen besser zu schützen. Der Antrag wurde im Rat abgelehnt.

Angemessene Betreuung, und Unterstützung bei Abhängigkeitsproblemen

Wir plädieren zu alternativen Maßnahmen zur Entlastung der Krankenhäuser. So könnten beispielsweise Sozialarbeiter:innen oder spezialisierte Einrichtungen für Entzug und Suchthilfe eingesetzt werden, um den betroffenen Personen angemessene Betreuung, und Unterstützung bei Abhängigkeitsproblemen zu bieten. Bei weniger schweren Fällen wäre auch eine ambulante medizinische Versorgung möglich. Auch die Stärkung der Ressourcen des Rettungsdienstes und spezielle Schulungen für das Personal könnten dazu beitragen, dass Personen unter dem Einfluss von Alkohol und Substanzen besser betreut werden können.

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