Antrag: Neugestaltung der Stadthalle

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Der Rat möge beschließen

  1. Da die Umsetzung des Ratsbeschlusses vom 19.12.2017 über die Vorbereitung der Ausschreibung eines partnerschaftlichen Modells (PPP) zur Sanierung der Stadthalle undurchführbar ist, wird der Ratsbeschluss aufgehoben.
  2. In einem europaweiten Realisierungswettbewerb mit einem vorgeschalteten Bewerber-Auswahlverfahren wird ermittelt, wie die Stadthalle Braunschweig am geeignetsten zu einem modernen Kulturzentrum der Braunschweiger Region umgestaltet werden kann. Dabei sind eine Sanierung oder ein Neubau darzustellen.
  3. Auf Basis des Siegerentwurfes ist dem Rat zeitnah eine Vorlage zur Umsetzung der Sanierung vorzulegen.
  4. Zusätzlich wird auf Basis des Siegerentwurfes die Projektsteuerung sowie die technische und wirtschaftliche Beratung mit einem Ausschreibungsverfahren an ein leistungsstarkes und mit entsprechenden Referenzen versehenes Unternehmen vergeben.
  5. Im Anschluss wird von dem Projektsteuerer ermittelt, ob die Vergabe nach Gewerken oder die Vergabe an einen Totalunternehmer (reine Bauvergabe, keine Unterhaltung) am wirtschaftlichsten ist.
  6. Nach Durchführung dieser Schritte ist dem Rat eine Gesamtvorlage zuzuleiten und mit der Sanierung zu beginnen.
  7. Parallel zu diesem Verfahren wird die Verwaltung gebeten, sofort zu untersuchen, ob die bis 2017 erfolgten Voruntersuchungen (NEK, Assmann, W+S) aktuell noch verwendbar sind. Falls dem nicht so ist, sind erneute Voruntersuchungen zeitnah durchzuführen bzw. zu beauftragen.

Sachverhalt

Am 19.12.2017 hat der Rat den folgenden Beschluss mehrheitlich gefasst: „Die Ausschreibung eines partnerschaftlichen Modells zur Sanierung der Stadthalle ist auf Basis der nachstehenden Begründung vorzubereiten. Eine Vergabeentscheidung erfolgt nur, wenn die erzielten Ausschreibungsergebnisse der dann im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung ermittelten Kosten der Eigenerledigung entsprechen oder günstiger sind.“

Bestandteil der Vorlage war der folgende Zeitplan:

  • Ratsentscheidung am 19. Dezember 2017 (Stadtbezirksrat 132 Ende November 2017, FPA am 30. November 2017, VA am 12. Dezember 2017)
  • Vorbereitung Vergabeverfahren (inkl. Planung bis LPH 4): Dezember 2017 – Dezember 2018
  • Vergabeverfahren: Dezember 2018 – Oktober 2019
  • Entscheidung des Rates über die Vergabe: Oktober 2019
  • Planungszeitraum (ab LPH 5): Oktober 2019 – März 2020
  • Bauzeit (Schließzeit der Stadthalle): April 2020 – September 2021
  • Inbetriebnahme-Phase: ab Juli 2021 – März 2022
  • Start Veranstaltungsbetrieb Stadthalle: Oktober 2021

In diversen „Mitteilungen außerhalb von Sitzungen“ (zuletzt am 16.12.2021) hat die Verwaltung das Scheitern des geplanten PPP-Modells zur Sanierung der Stadthalle dargelegt. Trotzdem hat sie am 21.12.2021 (Stellungnahme 21-17519-01) erklärt, dass der Beschluss vom 19.12.2017 – den sie mit einer Verwaltungsvorlage selber herbeigeführt hat – weiterhin ihre Handlungsgrundlage darstellt. Diese Haltung führt dazu, dass die dringend erforderliche Sanierung der Stadthalle auch weiterhin nicht erfolgen kann. Deshalb wird eine Aufhebung des Ratsbeschlusses vom 19.12.2017 vorgeschlagen. Dadurch können sofort alle Handlungsoptionen betrachtet werden.

Vor dem Hintergrund, dass von Baukosten deutlich über 60 Mio. Euro ausgegangen werden kann, sollte das Ziel verfolgt werden, dass die bestmöglichste und nachhaltigste Modernisierungsvariante ermittelt wird. Dies ist mit einem europaweiten
Realisierungswettbewerb möglich. Auf Basis des Siegerentwurfes sind dann alle weiteren Schritte einzuleiten. 

Der Antrag berücksichtigt auch, dass weder die Stadthallen GmbH noch die Hochbauverwaltung in der Lage sein dürften ein Projekt in dieser Größenordnung zu steuern. Es wird auch bezweifelt, dass die von der Verwaltung als Beispiel genannte Struktur Förderung dazu in der Lage ist. Deshalb ist eine externe Vergabe vorgesehen.

Um eine schnellstmögliche Sanierung bzw. einen Neubau zu realisieren, wird auch die Vergabe der Bauleistungen an einen Totalunternehmer in Betracht gezogen. Hierbei sollten allerdings die Risiken intensiv betrachtet werden. Eine Vergabe der Unterhaltung
der Stadthalle erfolgt nicht. Diese Aufgabe verbleibt bei der Stadthallen GmbH. Abschließend wir davon ausgegangen, dass sämtliche Voruntersuchungen zumindest in Teilen überholt sein dürften. Hier besteht eine zeitnahe Handlungserfordernis.

Stellungnahme der Verwaltung:

Sachverhalt:

Mit dem Grundsatzbeschluss des Rates vom 19. Dezember 2017 (17-05842) zur Ausschreibung eines partnerschaftlichen Modells zur Sanierung der Stadthalle erfolgten die für eine Ausschreibung erforderlichen Planungsgrundlagen insbesondere unter Berücksichtigung der brandschutz- und denkmalschutzrechtlichen Anforderungen. Mit Ratsbeschluss vom 17. Dezember 2019 (19-12314) wurde auf dieser Grundlage das Verfahren zur Vergabe eines Auftrages eingeleitet.

Im Rat am 21. Dezember 2021 erfolgte auf Grundlage der Mitteilung der Verwaltung außerhalb von Sitzungen (Drucksache 21-17501) sowie einer Dringlichkeitsanfrage der CDU-Ratsfraktion (Drucksache 21-17519) eine kurze politische Diskussion zum weiteren Vorgehen. Am 13. Januar 2022 wurde von der Gruppe Die Fraktion.– Die Linke, Volt und Die Partei ein Ratsantrag zur Neugestaltung der Stadthalle eingereicht (Drucksache 22-17744).

Aus Sicht der Verwaltung sollten bei der weiteren Strukturierung des Verfahrens und der damit einhergehenden politischen Diskussion folgende Parameter, die bereits Grundlage für den seinerzeitigen Grundsatzbeschluss zur Sanierung der Stadthalle waren, betrachtet bzw. auf Grund in der Zwischenzeit veränderter Rahmenbedingungen fortgeschrieben werden:

 

Frage: Sanierung oder Neubau

Im Grundsatzbeschluss erfolgte eine umfangreiche Betrachtung der Varianten Sanierung und Neubau. Die Sanierungsvariante war im Ergebnis am wirtschaftlichsten und wurde daher zur Umsetzung vorgeschlagen. Zudem gab es zum damaligen Zeitpunkt bereits ein Signal der Landesdenkmalbehörde, die Stadthalle unter Denkmalschutz zu stellen. Ein entsprechender Bescheid erging im Februar 2018. Die denkmalrechtlichen Fragestellungen sind zentral für die Beurteilung der Frage, ob das vorhandene Gebäude abgerissen und am vorhandenen Standort ein Neubau errichtet werden könnte.

 

Das für Denkmalschutz zuständige Baudezernat und das Rechtsreferat führen hierzu aus:

Das letztlich ergebnislos gebliebene Vergabeverfahren zieht eine Neubetrachtung der 2017 getroffenen Entscheidung zugunsten der Sanierung der Stadthalle gegenüber einem Neubau nach sich. Insbesondere die sehr hohen Sanierungskosten, die im Raume stehen, lassen diese Alternativdiskussion wieder neu aufleben. Durch die zwischenzeitlich erfolgte Aufnahme der Stadthalle Braunschweig in das Verzeichnis der Kulturdenkmale durch das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege ist allerdings die rechtliche Grundlage dieser Entscheidung deutlich verändert. Als Eigentümerin des Kulturdenkmals Stadthalle ist die Stadt nunmehr gemäß dem Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz NDSchG (§ 6) verpflichtet, diese instand zu halten, zu pflegen, vor Gefährdung zu schützen und, wenn nötig, instand zu setzen. Kulturdenkmale dürfen nach dem NDSchG nicht zerstört, gefährdet oder so verändert werden, dass ihr Denkmalwert beeinträchtigt wird. Von daher ist das Gebäude der Stadthalle von der Stadt zu erhalten und ein Abriss und ein Neubau an Stelle dessen sind ausgeschlossen. Der Erhalt von Kulturdenkmalen stellt ein öffentliches Interesse dar.

Für private Eigentümer ist die genannte Erhaltensverpflichtung dann eingeschränkt, wenn diese nachweisen können, dass der Erhalt wirtschaftlich unzumutbar ist. Für die öffentliche Hand (das Land, Gemeinden, Landkreise und sonstigen Kommunalverbände) gilt diese Einschränkung jedoch ausdrücklich nicht (§ 7 NDSchG). Eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit kann die Stadt somit nicht geltend machen, sie ist vielmehr im Rahmen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zu Erhaltungsmaßnahmen in Bezug auf Denkmale verpflichtet.

Aus anderen Gründen sind Eingriffe in ein Kulturdenkmal – im Extremfall auch ein Abbruch – nur dann genehmigungsfähig, wenn ein besonderes Interesse öffentlicher Art das Interesse an der unveränderten Erhaltung des Kulturdenkmals überwiegt und den Eingriff zwingend verlangt. Wichtige Infrastrukturmaßnahmen können so ausnahmsweise den Abriss eines Kulturdenkmals ermöglichen (Beispiel: Abriss Lehrter S-Bahnhof / Neubau HBF Berlin). Ein solches Interesse ist für die Stadthalle nicht ersichtlich.

In Braunschweig wurde zuletzt für die Errichtung des Quartier St. Leonhard – gegenüber der Stadthalle – dem Abriss von 2 der 6 dort vorhandenen Denkmalbestandteile, einer Reithallenruine und einem seit Jahrzehnten leerstehenden Pferdestall, zugestimmt, da das Gesamtprojekt auf andere Weise – vom privaten Eigentümer – ganz offensichtlich nicht hätte realisiert werden können. Zudem war die Entscheidung den Abbruch zu genehmigen möglich, weil alle vorherigen Nutzungsüberlegungen für das Ensemble über vier Jahrzehnte immer wieder gescheitert waren.

Denkmalschutzrechtlich nicht ausgeschlossen ist eine Umnutzung des bisherigen Stadthallengebäudes für andere Zwecke im Falle eines Stadthallen-Neubaus an anderer Stelle. Der Sanierungsbedarf könnte sich dadurch verändern, würde jedoch überwiegend erhalten bleiben.

Denkmalschutzrechtlich ebenfalls nicht ausgeschlossen wäre eine Erweiterung der Stadthalle, beispielsweise um einen dritten Saal. Diese bereits frühzeitig diskutierte Variante wurde auch bei der Sanierungsplanung optional berücksichtigt. Denkmalschutzrechtliche Vorgabe für eine Erweiterung wäre, dass gestalterisch auf das Denkmal einzugehen ist und dessen Wert nicht über ein akzeptables Maß beeinträchtigt wird. Dies wäre dann ein individueller Abstimmungs- und Abwägungsprozess.“

Zur Bestätigung dieser Rechtsauffassung wird die Verwaltung ergänzend Kontakt zur obersten Denkmalbehörde aufnehmen.

 

Standortfrage

Der Standort der Stadthalle in Bahnhofsnähe wurde seinerzeit als ideal für das Kongressgeschäft, aber auch für die anderen Veranstaltungsformate eingeschätzt.

 

Funktionalität

Wie im Grundsatzbeschluss dargelegt, standen im Sanierungskonzept insbesondere die Akustik, die Verbesserung der Klimatisierung sowie erweiterte Räumlichkeiten für das Kongressgeschäft im Mittelpunkt der Sanierungsplanungen.

 

Realisierungswettbewerb

Im Rahmen des Ratsantrages der Gruppe Die Fraktion.– Die Linke, Volt und Die Partei wird die Forderung nach einem europaweiten Realisierungswettbewerb formuliert, um Möglichkeiten der Neuausrichtung der Stadthalle zu einem modernen Kulturzentrum der Braunschweiger Region zu untersuchen. Genau diese Aufgabenstellung war aber auch der Leitgedanke der bereits vorliegenden Modernisierungs- und Sanierungsplanung. So wurden im Rahmen des umfangreichen Prozesses der Grundlagen- und Bedarfsermittlung sowie der darauf aufbauenden anschließenden Planungsphasen ein konkretes zukunftsfähiges Nutzungsszenario, die baulichen Sanierungsbedarfe sowie die denkmalpflegerischen Belange der Stadthalle miteinander zu einem Gesamtkonzept verschmolzen und bis zur Baugenehmigungsreife planerisch vertieft und ausgearbeitet. Die Genehmigung hierfür ist bereits erteilt. Alle Projektbeteiligten stehen hinter diesem Konzept.

Realisierungswettbewerbe werden üblicherweise durchgeführt um räumlich-funktional und gestalterisch zwischen Lösungsalternativen auswählen zu können, beispielsweise für Neubauvorhaben oder bedeutende Umnutzungen. Auf Grund der vom Bestand vorgegebenen Gebäudestruktur (Lage der Säle) und der auch künftig weitestgehend gleichbleibenden Nutzung sind dahingehende Lösungsalternativen nicht zu erwarten. Ferner ist durch die Einstufung des Gebäudes als Baudenkmal der Spielraum für gestalterische Alternativen entscheidend eingeschränkt. Folglich erscheint ein derartiges Wettbewerbsverfahren nicht als geeignet für das weitere Vorgehen zur Sanierung der Stadthalle.

Ungeachtet des Denkmalschutzes würde ein Realisierungswettbewerb bei diesem Projektstand zwei Schritte rückwärts zu gehen bedeuten, da die im Wettbewerb gewonnenen Lösungsansätze im Bereich des hochbaulichen Nutzungskonzeptes höchstens einem Vorentwurfsstand entsprechen. Zur technischen Gebäudeausrüstung und Bauteilsanierung können in Realisierungswettbewerben nur Konzeptideen geliefert werden, die bezüglich der Umsetzbarkeit noch nicht belastbar sind und im weiteren Planungsprozess konkretisiert werden müssen. Im Ergebnis würde ein Wettbewerb mit anschließender kompletter neuer Planungsphase bis zum erneuten Bauantrag weitere zwei Jahre Projektvorlauf bedeuten, bevor eine erneute Platzierung des Projektes zur Realisierung am Markt erfolgen kann.

 

Umsetzungsvariante und Umsetzungskapazität

Zum damaligen Zeitpunkt waren im Baudezernat keine Kapazitäten für die Sanierung der Stadthalle vorhanden. Auch aus diesem Grund wurde ein erweitertes TU-Modell auf Grund der Wirtschaftlichkeitsberechnung im Grundsatzbeschluss favorisiert.

Neben den o. g. Punkten sollte im weiteren Verfahren auch der Aspekt berücksichtigt werden, dass für eine Sanierung der Stadthalle eine Baugenehmigung vorliegt. Nicht realisiert werden konnte indes die bauliche Umsetzung mit vertiefenden Ausplanungen.

Es liegt somit eine abgeschlossene Entwurfsplanung für die Sanierung der Stadthalle vor, die auch alle Bereiche der Haustechnik, die Schadstoffbehandlung und die Bauakustik umfasst sowie über eine gültige Baugenehmigung einschließlich geprüfter Tragwerksplanung und denkmalschutzrechtlicher Genehmigung. Für die Erstellung dieser Planungsunterlagen bis zur Baugenehmigung wurden bislang rund 4,5 Mio. Euro aufgewandt, davon allein rund 3,7 Mio. € für technische und hochbauliche Planungen.

Nach derzeitiger Einschätzung würden bei wesentlicher Änderung der o. g. Faktoren die Planungen aktualisiert werden müssen bzw. wären ggf. sogar hinfällig, was nicht nur einen zusätzlichen zeitlichen Verzug, sondern auch den Verlust von erbrachten und auch entsprechend vergüteten Planungsleistungen bedeuten würde.

Die Faktoren sollten daher nicht einzeln betrachtet, sondern insgesamt entsprechend fortentwickelt werden. Die o. g. Fragestellungen werden derzeit verwaltungsintern abgestimmt.

Wie bereits in der Drucksache 21-17519-01 ausgeführt, wird auch die Umsetzung über eine Projektgesellschaft betrachtet. Die Projektarbeiten zur Strukturierung und Gründung einer Projektgesellschaft haben begonnen.

Linie Die FRAKTION.

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