Beschlussvorschlag – Unterkunft für Geflüchtete schaffen:
Der Rat begrüßt die Absicht der Verwaltung die bereits 2015 vom Rat beschlossenen dezentralen Wohnstandorte für Geflüchtete, die derzeit noch gebaut werden können (Rautheim, Beethovenstraße, Stöckheim und Watenbüttel), zeitnah einer abschließenden Prüfung zu unterziehen. Die Verwaltung wird gebeten, dem Rat das Ergebnis der Prüfung unmittelbar danach mitzuteilen.
Weiter bittet der Rat die Verwaltung, das ebenfalls 2015 als kommunale Erstaufnahmeeinrichtung vorgesehene ehem. Kreiswehrersatzamt zu erwerben und als kommunale Erstaufnahmeeinrichtung oder Wohnstandort für Geflüchtete im Rahmen einer Grundsanierung herzurichten.
Sachverhalt:
Am 21.12.2015 wurde vom Rat das dezentrale Standortkonzept zur Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen. Es beinhaltet die Unterbringung an 15 Wohnstandorten (WSO) und einer kommunalen Erstaufnahme im ehem. Kreiswehrersatzamt. Der Beschluss lautete: „Dem dezentralen Standortkonzept wird zugestimmt. Es gibt unter Beachtung verschiedener Aspekte, beispielsweise der Sozialverträglichkeit, der verkehrlichen Erschließung und vorhandenen sozialen Infrastruktur sowie des Bauplanungsrechtes und eventuell entgegenstehender Planungsziele insgesamt 16 Standorte verteilt über das ganze Stadtgebiet (mit Ausnahme der Stadtteile Kralenriede, Weststadt und westliches Ringgebiet). Dort sollen Unterkünfte für jeweils ca.100 Flüchtlinge pro Standort (Mit Ausnahme ehemaliges Kreiswehrersatzamt mit ca. 200) entstehen.“
Über ein Jahr später, am 28.03.2017, erfolgte ein konkreter Umsetzungsbeschluss. Hier wurde die Errichtung von 8 WSO in drei Bauabschnitten beschlossen. Die Standorte Ölper (Biberweg) und TU (Mendelssohnstr.) sollten in der Erstbelegung für studentisches Wohnen zur Verfügung stehen. Als Nutzungsmöglichkeit der WSO Hondelage (Ackerweg) und Lamme (Bruchstieg) hieß es in der Vorlage „prozentuale Verteilung zwischen allgemeinen Mietverträgen und flexiblen Unterbringung wird angestrebt“. Nur die Standorte Melverode, Bienrode, Gartenstadt und Gliesmarode waren zur Unterbringung von je 100 Flüchtlingen vorgesehen, damit also 4 von geplanten 15 Standorten.
Am 03.01.2022 erfolgte die Mitteilung über die Nutzung des Pippelweges 69. Im vom Rat beschlossenen Standortkonzept Flüchtlingsunterbringung (2015) sind Bereiche in peripheren Lagen ohne Infrastruktur und Stadtteile mit hoher Integrationsleistung (Kralenriede, Weststadt, westlicher Ring) ausgeschlossen worden. Diese Bereiche wurden rot markiert. Der Pippelweg 69 liegt in einem solchen Bereich.
Das ehem. Kreiswehrersatzamt wurde sehr schnell aus der Planung genommen. Wurde der Standort im Beisein eines Vertreters des Landes bei der Vorstellung des Konzeptes in der VW-Halle, Ende 2015, als wichtig und richtig angesehen, hieß es 2016, dass die Nutzung für Geflüchtete nicht möglich sei, da die Landesschulbehörde das Gebäude dringend benötige. Das Land hat das Gebäude aber seitdem verfallen lassen. In einer Stellungnahme aufgrund einer Anfrage unserer Fraktion wurde dem Ausschuss für Vielfalt und Integration mitgeteilt, dass sich das Gebäude „in einem sehr schlechten baulichen Zustand“ befinde und „eine Grundsanierung wirtschaftlich und zeitlich nicht vertretbar“ sei. Was vertretbar ist und wo die Geflüchteten untergebracht werden sollen, wurde nicht mitgeteilt.
Zusammengefasst ist es so, dass bereits vor Beginn des Ukraine-Krieges die Unterbringungsmöglichkeiten der Stadt fast erschöpft waren. Die zuletzt erfolgten 15 Zuweisungen pro Woche haben zu Mitteilungen der Verwaltung geführt, wonach bereits Anfang April keine Geflüchteten mehr bis zur Eröffnung des WSO Nordstadt aufgenommen werden können. Aufgrund der Geflüchteten aus der Ukraine müssen nun wie 2015 wieder Turnhallen belegt werden bzw.auch die Stadthalle. Hotels wurden angemietet. In der Otto-von-Guericke- Straße wurde ein Bürogebäude gleich über 6 Jahre angemietet, in dem Wohnen eigentlich untersagt ist und ein Brandschutzproblem bestand. Genau wie der Pippelweg befindet sich auch dieses Gebäude im Westlichen Ringgebiet, das seit Jahrzehnten eine hohe Integrationsleistung erbringt und deshalb nach dem Konzept von 2015 eigentlich kein Unterbringungsstandort werden sollte.
Krisen scheinen das neue Normal zu werden. Krisen zwingen Menschen zur Flucht. Es wird Zeit, dass sich Braunschweig dieser Tatsache deutlicher bewusst wird und entsprechend handelt.
Stellungsnahme der Verwaltung:
Derzeit befinden sich die genannten Standortvorschläge noch in der Prüfung. Sobald ein abschließendes Ergebnis vorliegt, wird dem Rat dieses mitgeteilt.
Das ehemalige Kreiswehrersatzamt KWEA weist einen hohen Sanierungsstau auf, der sich durch die lange Leerstandzeit noch deutlich verschärft haben dürfte. Bereits 2016 wurde von einer temporären Nutzung abgesehen, da der Aufwand eines Umbaus der fast ausschließlichen Bürostruktur allein für Sanitäreinheiten einen hohen Aufwand bis hin zu einer eigenen Mittelspannungsstation zur Folge gehabt hätte. Hinzu kämen bei einer langfristigen Nutzung hohe Aufwendungen für Schadstoffsanierung, brandschutztechnische Ertüchtigung sämtlicher Decken sowie Mehraufwand für den Denkmalschutz.
Unabhängig ist das Land zurzeit in Verkaufsverhandlungen mit potentiellen Bietern, die bereits weit fortgeschritten sind. Vor diesem Hintergrund sieht die Stadt unabhängig von der mangelnden Wirtschaftlichkeit hier keine Spielräume für einen Ankauf.
Eine Erstaufnahmeeinrichtung für Braunschweig wurde im Jahr 2020 mit der Eröffnung der Saarbrückener Straße realisiert.
Das Standortkonzept von 2015 hatte zum Schwerpunkt die Verteilung der neu zu errichtenden dauerhaften stadteigenen Wohnstandorte für Geflüchtete. Bei der Anmietung bereits vorhandener Liegenschaften kann auf die Lage nur bedingt Rücksicht genommen werden, da es nicht viele leerstehende Liegenschaften gibt, die geeignet sind und wirtschaftlich vertretbar zur Verfügung stehen. Der Standort Pippelweg ist eine kleinere Wohneinheit in befristeter Anmietung. Die Otto-von-Guericke-Straße liegt am äußersten Bebauungsrand des westlichen Ringgebiets.
Abstimmungsergebnis: Abgelehnt