Haushaltszuständigkeit des Rates beachten – Bildung von Haushaltsausgaberesten erst nach vorangegangenem Ratsbeschluss

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Beschlussvorschlag:

Der Rat möge beschließen:

  1. Die Verwaltung teilt dem Rat bis zu seiner Sitzung am 21.03.2023 mit, welche Haushaltsausgabereste in den Jahren 2021 und 2022 gebildet wurden.
  2. Ab 2023 erfolgt die Bildung von Haushaltsausgaberesten nur nach entsprechendem Ratsbeschluss über die einzelnen Positionen. 
  3. Über die im Doppelhaushalt 2023/2024 vorgesehenen neuen Haushaltsausgabereste ist bis zur Ratssitzung bzw. in der Ratssitzung am 21.03.2023 eine Beschlussfassung der entsprechenden Ratsgremien herbei zu führen.

Sachverhalt:

Im § 58 (1) NkommVG heißt es: „Die Vertretung beschließt ausschließlich über die Haushaltssatzung.“ Diese Vorgabe wurde von der Verwaltung in den letzten Jahren in großem Umfang nicht beachtet, indem die Entscheidung, welche Haushaltsbeschlüsse des Rates im jeweiligen Jahr umgesetzt werden und welche nicht, ohne Beteiligung des Rates erfolgte.

Bis Ende 2022 belaufen sich nicht umgesetzte Ratsbeschlüsse (Haushaltsausgabereste) auf 279,2 Mio. Euro. Die einzelnen Haushaltsausgabereste werden dem Rat derzeit mit zweijährigem Verzug im Rahmen des Jahresabschlusses mitgeteilt. Obwohl die Haushaltszuständigkeit ausschließlich beim Rat liegt, wird dieser an keiner Stelle über die Bildung der einzelnen Reste beteiligt.

Beim letzten Haushalt, für den ein Jahresabschluss vorliegt (2020), wurde vom Rat beschlossen, dass die Verwaltung einen Abbau der Haushaltsausgabereste um 1,1 Mio. Euro vornehmen soll. Stattdessen wurden 41,8 Mio. Euro neue Reste aufgebaut.

Der vorliegende Antrag zielt darauf ab, dass zukünftig die Haushaltszuständigkeit des Rates beachtet wird und die Haushaltsreste entsprechend einem vorangegangenen Ratsbeschluss gebildet werden.

Abstimmungsergebnis:

bei Fürstimmen und drei Enthaltungen abgelehnt

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Zu dem Antrag der Gruppe Die Fraktion. – Die Linke., Volt und Die Partei vom 21.12.2022 (DS 22-20255) nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung:

Haushaltsreste entstehen bei einer Unterschreitung der Ausgabeermächtigungen des Haushaltsplans im Rahmen der Bewirtschaftung. Gem. § 20 KomHKVO besteht die Möglichkeit, Haushaltsreste in das folgende Haushaltsjahr zu übertragen und damit die Ausgabeermächtigung in diesem Planjahr zu erhöhen. Dabei wird unterschieden in Reste für Investitionsauszahlungen (§ 20 Abs. 1 KomHKVO) und Aufwandsreste (§ 20 Abs. 2 KomHKVO).

Nach § 20 Abs. 5 Satz 1 KomHKVO dürfen die Ermächtigungen für Aufwendungen und Auszahlungen nur in der erforderlichen Höhe übertragen werden. Im Kommentar Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen in Niedersachsen (Lasar / Grommas / Goldbach / Zähle / Diekhaus / Hankel, 4. Auflage) wird hierzu erläutert, dass die Übertragbarkeit von Ansätzen keinen Automatismus bedeute. Auch bei Investitionen würden nicht immer alle nicht ausgeschöpften Auszahlungsermächtigungen noch im Folgejahr benötigt. Insbesondere die Übertragbarkeit kraft Gesetz bedeute nicht, dass die am Jahresende nicht in Anspruch genommenen Ermächtigungen automatisch vorgetragen werden. Soll die rechtliche Möglichkeit der Übertragbarkeit tatsächlich umgesetzt werden, sei die Übertragung vielmehr in jedem Einzelfall formell zu veranlassen.

Nach § 20 Abs. 1 KomHKVO bleiben die Ermächtigungen für Auszahlungen für Investitionen bis zur Abwicklung der letzten Zahlung für ihren Zweck verfügbar, wenn mit der Investition oder Investitionsförderungsmaßnahme vor Ablauf des übernächsten Haushaltsjahres begonnen wird. Für Aufwandsreste ist in § 20 Abs. 1 KomHKVO bestimmt, dass sie bis längstens ein Jahr nach Schluss des Haushaltsjahres verfügbar bleiben. Die Übertragung von Haushaltsresten ist im Zusammenhang mit der Erstellung des Jahresabschlusses zu sehen und nicht gesetzlicher Bestandteil der Haushaltsplanung.

Nach den beschriebenen Rechtsvorschriften ist es zwar der Rat, der letztlich im Rahmen des Beschlusses über den Jahresabschluss die Übertragung von Haushaltsresten bestätigt. Diese Funktion kann er aber erst ausüben, wenn der Jahresabschluss erstellt und seine Vollständigkeit und Richtigkeit durch den Oberbürgermeister festgestellt wurde. Bei den weiteren Arbeiten zur Erstellung des Jahresabschlusses (Bildung von Rückstellungen etc.) ergeben sich erfahrungsgemäß noch Wechselwirkungen zu den Haushaltsresten. Die ‑ aus der Sicht der Verwaltung ‑ endgültigen Haushaltsreste stehen damit erst zum Ende der Jahresabschlussaufstellung fest.

Dies gilt z. B. für die Reste aus dem Haushaltsjahr 2021; der Jahresabschluss 2021 befindet sich noch in der Bearbeitung. Für das Haushaltsjahr 2022 sind die Haushaltsreste noch zu bestimmen. Dies wird nicht kurzfristig möglich sein, insbesondere, weil noch bis zum 27.01.2023 Kassenanordnungen für das Haushaltsjahr 2022 möglich waren. Aus verschiedensten Gründen (Pandemie und Krieg in der Ukraine, aber auch die erstmalige Erstellung eines Doppelhaushalts) dauern die Abschlussarbeiten noch an. Eine abschließende Bearbeitung der Haushaltsreste wird daher nicht bis zur Ratssitzung am 21.03.2023 erfolgen können.

Die Beschlusspunkte Nr. 1 und Nr. 2 wären demnach aus der Sicht der Verwaltung nicht umsetzbar. Zumindest besteht kein wirklicher Handlungsspielraum der Gremien, die Bestätigung der Haushaltsreste vorzuziehen, da diese Bestätigung erst nach den letzten Jahresabschlusstätigkeiten möglich ist, was für die Fortführung von Maßnahmen zu spät wäre.

Zum Beschlusspunkt Nr. 3 wird angemerkt, dass im Antrag zwar zutreffend dargestellt ist, dass der Rat gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 9 NKomVG über die Haushaltssatzung beschließt. Die Übertragung von Haushaltsresten ist aber kein Bestandteil der Haushaltsplanung.

Dennoch besteht eine indirekte Einflussmöglichkeit des Rates auf die Priorisierung wie folgt:

Wenn übertragene Haushaltsreste absehbar nicht im Rahmen der gesetzlichen Fristen in Anspruch genommen werden können, kommt grundsätzlich auch eine Neuveranschlagung der Ansätze in Betracht. Der Rat hat dabei die Möglichkeit, seine Absicht zur Umsetzung der Maßnahme zu unterstreichen oder die Neuveranschlagung bewusst abzulehnen und damit Prioritäten zugunsten anderer Maßnahmen zu setzen.

Eine Annahme des Antrages kann seitens der Verwaltung aus den vorgenannten Gründen und den sich daraus ergebenden Verzögerungen nicht empfohlen werden.

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